Rezeptwelt,  Selbermachen

Einmachen in den Weckschen Einrichtungen

Einmachen oder einwecken bringt den Sommer in den Winterschlaf – und wann immer man ihn weckt, schmeckt er herrlich frisch und erinnert an einen traumhaften Tag.

Ich wollte immer noch von meinem zweiten Kochbuch aus dem netten staubigen Antiquariat um die Ecke berichten. Mir ist jetzt erst aufgefallen, dass der Untertitel wirklich kaum zu überbieten ist. „Weck – Koche auf Vorrat Band 1“ – Soweit so gut. Klingt ein wenig nach Ausbildung auf einem Lyzeum für höhere Töchter, aber eben nicht nach dem Lyzeum für die ganz hohen Töchter. Aber nun denn, erst beim Aufschlagen erschließt sich der wirklich große Coup des Autors. Dort liest man: „Handbuch für die Frischhaltung aller Nahrungsmittel mit den Weckschen Einrichtungen“. Spätestens hier klingt es nicht mehr nach Lyzeum sondern nach Sanatorium. „Und wo haben sie die tüdelige Großmutter untergebracht?“ … „Ach wissen Sie, seit sie in den Weckschen Einrichtungen ist, geht es ihr sehr gut! Das hält sie irgendwie frisch!“

o.O

Na dann …! 😉

Als Frische noch nicht schockgefrostet wurde oder frisch vom Feld in Glas kam

Also, ich erstand die 11. Auflage – die erste muss um das Jahr 1905 erschienen sein, jedenfalls sind aus diesem Jahr die zweite und dritte Auflage. Es scheint also ein Gassenhauer gewesen zu sein. Und dort liest man nun (Aaaah, doch Lyzeum): „In jeder Familie soll eingemacht werden. In erster Linie sind es Obst und Gemüse, die durch das Frischhalten zu einem Bestandteil der täglichen Nahrung mehr herangezogen werden sollen, in zweiter Linie kommt die Ausgestaltung des Einmachen zu einem ‚Auf Vorrat kochen‘, mit dem ausgesprochenen Endziel, hierdurch neue Gedanken in den Dienst der Küche zu stellen und durch die Verwirklichung dieser Gedanken den Küchenbetrieb interessanter zu machen.“ … Ich musste  das mehrfach lesen, ich konnte es nicht glauben. Vor allem, weil die Worte ‚erster‘ und ‚zweiter‘ gesperrt gedruckt und damit besonders betont wurden. Und jetzt kommt es, ich habe es schon immer gewusst. Das hat nichts mit Maggi-Knorr-Fix-Küchenstudio zu tun. Es geht weiter: „Die Küche soll wieder mehr wie seither in den Mittelpunkt des Hauses gestellt werden; sie soll der Hausfrau und den Töchtern (SOOOWAS VON LYZEUM) des Hauses wieder mehr erobert werden auf Grund reicher Erfahrungen, praktischer Versuche und der Gesundheit nützender Gedanken.“

Früher war alles anders?

Bei Rhabarber kann man den Zucker kaum zu hoch dosieren! ;-)

Aha, also sollte irgendeine Großmutter oder gar Urgroßmutter behaupten, früher sei alles anders gewesen: Stimmt doch überhaupt nicht! Ganz offensichtlich hatte sich wahrscheinlich schon die Frauengeneration davor auf die Flucht aus der Küche begeben. Hier ist der Beweis! 1905!!! In Worten NEUNZEHNHUNDERTundFÜNF!!!

Aber auch die Maßlosigkeit scheint damals schon ein Thema gewesen zu sein. Obwohl, die zehn Gebote lassen vermuten, dass das schon ein ganz alter Hut zu sein scheint. Der folgende Satz lautet nämlich: „Es ist ein Versuch, doch hoffen wir gerne, dass das Mahnwort ‚Koche auf Vorrat‘ stets weiter aufgenommen und befolgt wird!“ Also Jungs, Pfoten weg – das ist auf Vorrat und nicht zum sofortigen Verzehr bestimmt. 

So, ich weiß nicht wie es um Euch steht. Ich habe begriffen und habe eingemacht. Es ist Frühsommer – und ich liebe Rhabarber. Und auch das lässt mich das Buch wissen: „Der Rhabarber ist das erste Gemüse unseres Gartens. Leider wird er in den deutschen Haushaltungen noch viel zu wenig benutzt.“ Tja, auch da hat sich nicht viel geändert. Aber beim Markhändler meines Vertrauens wurde ich fündig, kaufte direkt ein paar Stangen mehr und ließ sie nach Hause schleppen.(O-Ton Marktfrau „Sie haben doch einen starken Mann dabei!“ … tja Jungs, wenn Ihr uns Mädchen mehr in der Küche sehen wollt, wollen wir Euch auch mehr in tragenden Rollen sehen. 🙂

Einkochen ist vor allem Schipselei, der Rest macht sich dann von alleine

blog2014-064_012

Damit es authentisch ist, habe ich mir erst einmal eine Schürze umgebunden, hat meine Großmutter sicherlich auch immer gemacht. Geschnipselt und mit Zucker unter Rühren eingekocht, das Buch verrät mir 30 Minuten bei 100 Grad – da wird sich dann wohl auch nicht so viel verändert haben.

Als ich fertig war, war ich so stolz auf mein Werk. Ich habe noch schöne Etiketten vorbereitet – und kleine Häubchen gemacht. Und wenn wir das nächste Mal Gäste haben – den Nachtisch habe ich fertig. Die Vanillesauce kaufe ich aber vielleicht fertig – das hätten unsere Großmütter sicherlich auch gemacht. Irgendwie werden die auch schon praktisch veranlagt gewesen sein. Jedenfalls hoffe ich das … 😉 

Aber hübsch geworden ist es wirklich, oder nicht?

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner